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IDX4rail-Praxistag: Projektfortschritte und Herausforderungen des Infrastrukturdatenmanagements im Bahnbereich
06.12.2024

Von: IDX4rail


Am 19.11.2024 kamen Fachleute aus dem Bereich Infrastrukturdaten verschiedener Eisenbahn- und Straßenbahnbetrieb zum IDX4rail-Praxistag in Frankfurt am Main und virtuell zusammen, um sich zu den aktuellen Fortschritten des mFUND-Projekts IDX4rail auszutauschen und projektrelevante Themen der Digitalisierung der Verkehrsinfrastruktur zu diskutieren. Gastgeber des Praxistags war die Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main (VGF), die aktiv an IDX4rail mitwirken und bereits an IDMVU mitgewirkt hat.


Das Herzstück des innovativen Projekts bildet die Harmonisierung der beiden Industriestandards railML® und IDMVU. Damit wird die Herausforderung der Datenintegration durch ein vereinheitlichtes Datenmodell angegangen, die Effizienz verbessert, Datensilos abbaut und Fehlerpotentiale eliminiert. Bahnbetreibern wird dadurch eine verbesserte Entscheidungsfindung und Maßnahmenplanung ermöglicht. Einsatzfähige Ergebnisse aus IDX4rail wird es Ende 2025 geben, sodass das Projektteam auch jetzt noch auf neue Impulse, insbesondere zu den acht initialen Anwendungsfällen, eingehen kann.

Im Mittelpunkt des IDX4rail-Praxistags stand die Modellierung von IDX4rail, die die beiden etablierten Standards IDMVU (VDV-Schrift 456) und railML® mittels eines ontologischen Mappings zusammenführen wird. Das heißt, die Modellierung der acht initialen Anwendungsfälle von IDX4rail fokussiert sich auf die Nutzung bestehender Datenmodelle, um den Umstieg für die Bahnen zu vereinfachen. Heute fehlende Elemente werden dabei neu für IDX4rail modelliert. Für die VDV-Schrift 456 (IDMVU) bedeutet das, dass die gesichert aktiven Anwendungsfälle in IDX4rail fortgeschrieben werden, ohne dass die alten Fachschalen verloren gehen. Es wurde betont, dass die Harmonisierung und Weiterentwicklung von Datenmodellen essenziell sind, um Redundanzen abzubauen und somit einen verlustfreien Datenaustausch zu ermöglichen. Ziel der Harmonisierung in IDX4rail ist die Entwicklung und Umsetzung einer einheitlichen und zukunftssicheren Standard-Schnittstelle zum Austausch von Bahn-Infrastrukturdaten zwischen Verkehrsunternehmen (VUs) und relevanten Stakeholdern.

Um den Teilnehmern einen Ausblick auf den Mehrwert von Infrastrukturdatenmanagement mit IDX4rail zu geben, stellte Georg Friedemann vom Projektpartner Erdmann Softwaregesellschaft IRISSYS vor. Im Fokus der Demonstration stand die Darstellung und Auswertungen von Zustandsinformationen, insb. der Gleisgeometrie. Eine Zustandshistorie aufzubauen und diese Informationen auszuwerten ist allerdings nur der erste Schritt hin zu Life-Cycle-Betrachtungen und der Erstellung von Prognosen für Instandhaltungsmaßnahmen. Die Demonstration betonte auch nochmal die Bedeutung des ersten Anwendungsfalls von IDX4rail, dem Ordnungsrahmen, für die Verbindung der anderen Anwendungsfälle miteinander. Nur über Verbindung mit dem Ordnungsrahmen können die Datensätze aus den Anwendungsfällen zusammengeführt bzw. gemeinsam ausgewertet werden, was eine ganzheitliche Betrachtung von Infrastrukturobjekten ermöglicht. Am Markt gibt es zurzeit keine Schnittstelle, die eine gemeinsame Betrachtung der verschiedenen Anwendungsfälle ermöglicht, da jeder Anwendungsfall eigene Anforderungen an einen Ordnungsrahmen stellt. Diese Nische wird IDX4rail füllen, indem es ein grundlegendes Referenzmodell liefern wird, auf das sich die Ordnungsrahmen bzw. Netzmodelle der einzelnen Anwendungsfälle beziehen können und somit miteinander verbunden werden.

Die Experten wiesen auf mehrere Hindernisse hin, darunter die fehlende Standardisierung von Zustandsdaten und die unterschiedlichen Anforderungen nationaler und internationaler Märkte an den verwandten Standard IFC. Besonders für kleinere Verkehrsbetriebe stellen technische und finanzielle Hürden eine Herausforderung für die Implementierung von Projekten wie IDX4rail dar. Die Teilnehmer betonten vor diesem Hintergrund, wie wichtig es ist, auch frühzeitig an die Pflege und Erweiterbarkeit von Datenmodellen zu denken.

Ein motivierender Punkt für alle Projekt- und Praxispartner war der Gastvortrag von Christian Fidler von den Wiener Linien, der spannende Einblicke in das datenbasierte Instandhaltungsmanagement, dem „Gläsernen Fahrweg“, der österreichischen Hauptstadt gab. Seit nunmehr 20 Jahren bildet die Infrastrukturdatenbank (ISDB) das Herz des Instandhaltungsmanagements der Wiener Linien und sie wird durchgängig gepflegt und weiterentwickelt – ein Vorbild für andere Verkehrsbetriebe. Mit Tablet-basierten Inspektionen, die direkt Daten an das ISDB übermitteln, und einer aus dem ISDB abgeleiteten Instandhaltungsmaßnahmenplanung setzt das Unternehmen Maßstäbe. Die Demonstration zeigte auch, wie Informationen mit der ISDB analysiert und visualisiert werden können, bspw. durch effektive Kategorisierung und Farbcodes.

In der Diskussion über Erwartungen an die IDX4rail-Schnittstellen wurde thematisiert, dass viele Bahnen keine eigenen Messsysteme besitzen, auf Drittanbieter angewiesen sind und daher die eingesetzte Software und Datenformate (heute oft noch CSV oder PDF) entscheidend sind. Es wurde der Wunsch geäußert, dass der geplante Datenaustausch über die IDX4rail-Schnittstelle sowohl Infrastrukturobjektdaten als auch betriebliche Zustandsdaten berücksichtigen soll, wobei die Harmonisierung von Prozessen und Austauschformaten als zentraler Punkt hervorgehoben wurde. Bei VUs besteht ein hoher Bedarf an bilateralem Datenaustausch, insbesondere mit Städten zur Planung und Abstimmung von Maßnahmen. Herausforderungen liegen in den unterschiedlichen Anforderungen der internen Fachabteilungen sowie der Pflege und Verfügbarkeit von Daten, aber auch konkreten Anforderungen einiger Institutionen. Die Teilnehmer betonten, dass IDX4rail mit bestehenden Standards kompatibel sein, eine Möglichkeit zur Historisierung der Daten und an BIM-Anwendungen über den IFC-Standard anschlussfähig sein sollte. Probleme von VUs wurden bei der Abhängigkeit von Softwareanbietern und der oft fehlenden Datenhoheit identifiziert, da VUs oft keinen Einfluss auf gelieferte Datenformate haben. Das IDX4rail-Projektteam appellierte an die VUs, die Datenhoheit in die eigenen Hände zu nehmen und Rahmenbedingungen für gelieferte Daten zu setzten. Dies sei notwendig, um nicht abhängig von Softwareherstellern zu sein und die Grundlage für ein effektives Infrastrukturdatenmanagement, wie bei den Wiener Linien.  Abschließend wurde der Stellenwert eines verlustfreien Datenaustausch mit möglichst geringem Aufwand und einer stärkeren Kontrolle durch die VUs über ihre Daten betont.

IDX4rail soll als Format bieten, das eine austauschfähige IT-Landschaft ermöglicht. Ziel ist es, eine langfristige Planung und Umsetzung von Maßnahmen, basierend auf einheitlichen Datensätzen, zu ermöglichen. Die Veranstaltung unterstrich die Bedeutung von Kooperation, standardisierten Prozessen und praxisnahen Lösungen, um dieses Ziel zu erreichen. Die Teilnehmer waren sich einig, dass IDX4rail ein wichtiger Schritt ist, um die Herausforderungen moderner Verkehrsinfrastruktur zu bewältigen und das Fundament für ein zukunftssicheres Datenmanagement zu legen. Der nächste IDX4rail-Praxistag wird voraussichtlich Anfang Juni 2025 stattfinden; der Termin wird in Kürze auf www.IDX4rail.de bekannt gegeben.

Das IDX4rail-Projekt wird vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr im Rahmen der mFUND-Initiative mit 1,549 Mio. Euro gefördert.