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Rheinland-Pfalz: Reaktivierung eingestellter Bahnstrecken für den SPNV - die Pfalz macht es vor
14.06.2018

Von: Lok Report


Die Pfalz – heute Teil des deutschen Bundeslandes Rheinland-Pfalz, einst Teil Bayerns – wurde in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts durch ein dichtes Eisenbahnnetz erschlossen. Ursache dafür waren die überregionalen Verkehrsströme auf der Ost-West- aber auch auf der Nord-Süd-Achse, welche man zur Belebung der Wirtschaft und der Infrastruktur über die bayerischen Gebiete links des Rheins zu lenken, bedacht war.


Lok Report

Zunächst durch private Investoren finanziert wurden nahezu alle Bahnstrecken der Pfalz 1909 in die Königlich Bayerischen Staatsbahnen eingegliedert, welche ihrerseits bereits 1920 in der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft aufgingen. Geprägt war des pfälzische Eisenbahnnetz aber auch durch strategische Überlegungen gegenüber dem seinerzeitigen „Erbfeind“ im Westen.

Nach den schweren Zerstörungen des 2. Weltkrieges wurden Kriegsschäden nur teilweise behoben und bereits die 1950er Jahre brachten ein umfangreiches Stilllegungsprogramm von Eisenbahninfrastrukturen. Und doch kam es anders als in anderen Teilen Europas. Die eingestellten Strecken konnten vielfach vor der Abtragung und der Entwidmung bewahrt werden.

Seit Einführung des Integralen Taktfahrplans für Rheinland Pfalz im Jahr 1994 gelang es, eine Vielzahl stillgelegter Strecken wieder in Betrieb zu nehmen – und sei es nur für touristische Verkehre während der Saison. Sogar eine Grenzstrecke zu Frankreich mit dem Grenzübergang Weissenburg/Wissembourg wurde 1995 wieder reaktiviert.

Wo die DB-AG nicht als Infrastrukturbetreiber motiviert werden konnte, fanden oder gründeten sich Privatbahnen. Heute verkehren modernste Triebwagen von Staats- und Privatbahnen im Takt verknüpft mit den regionalen Bussen und bringen neues Leben in die Fläche. Da das Modell Rheinland-Pfalz auch politisch erfolgreich ist, darf mit weiteren Reaktivierungen und Angebotsverbesserungen durchaus gerechnet werden.

Das rund 13 km lange „ Kuckucksbähnel“ von Lamprecht (Pfalz) nach Elmstein dient heute vorwiegend dem touristischen Verkehr in den Pfälzer Wald. Eine Teilstrecke wird aber auch noch für den Güterverkehr bedient. Betrieben wird die Bahnstrecke von der Kuckucksbähnel Bahnbetriebs-GmbH, getragen im Wesentlichen von den örtlichen Gebietskörperschaften in enger Zusammenarbeit mit dem DGEG Eisenbahnmuseum Neustadt an der Weinstraße. Eingesetzt ist u.a. die Stammlok „Speyerbach“, die 1992 aus einer T3 ähnlichen Werksbahnlok von Humboldt aus dem Jahr 1904 entstand und mit einem Schlepptender ausgerüstet wurde. Die Lok „Speyerbach“ beim Umsetzen im Endbahnhof Elmstein und vor dem Zug aus historischen Waggons der DGEG in Erfenstein.

Dichter Takt – moderne Züge, so präsentiert sich auf weiten Strecken der SPNV in der Pfalz – hier eine „fliegende“ Kreuzung zweier 622er der DB-AG in Monsheim. Die bereits 1951 im Personenverkehr eingestellte Donnersbergbahn von Alzey nach Kirchheimbolanden ist die 20,5 km lange Reststrecke einer einst durchgehenden Ost-West Verbindung. 1945 wurde die Strecke durch Brückensprengung unterbrochen und ein SEV eingerichtet. 1999 wurde die nunmehrige Stichstrecke für den SPNV reaktiviert, von der Rhenus Veniro GmbH übernommen und auf 100km/h ertüchtigt. Gefahren wird mit Alstrom Coradia LINT von VLEXX – einer NETINERA (FS) Tochter. Der VLEXX 622 422 am neuen Endpunkt Kirchheimbolanden – am Brückenkopf des 1945 zerstörten Viadukts gelegen. Hier erfolgt die Verknüpfung mit den vertakteten Buslinien des Lokal-und Regionalverkehrs.

Die 12,6 km lange Wieslauterbahn Hinterweidenthal Ost – Bundenthal-Rumbach wurde als eine der letzten Localbahnen der Pfalz 1911 eröffnet. Bereits 1966 wurde der Personenverkehr bis auf touristische Fahrten eingestellt. 1995 endete der Güterverkehr aber bereits zwei Jahre später erfolgte die Reaktivierung des Personenverkehrs für touristische Zwecke. Seit 2006 wird die Infrastruktur von der Albtalbahn Karlsruhe betrieben und aktuell wird über eine Reaktivierung im täglichen Berufsverkehr nachgedacht. Interessant der AVG-Aushangfahrplan in Bundenthal-Rumbach mit Zugangebot am Mittwoch, sowie an Samstagen, Sonn- und Feiertagen. Hinterweidenthal Ost an der Strecke Landau – Rohrbach als Abzweigungsbahn der Wieslauterbahn – links der Zug nach Landa, rechts der Zug nach Bundenthal-Rumbach; dieser Bahnhof wird nur an Betriebstagen der Wieslauterbahn bedient.

Auch die Lautertalbahn von Kaiserslautern nach Lauterecken-Gumbach war im ausgehenden 20. Jahrhundert ein ständiger Einstellungskandidat. In den 1990er Jahren wurde dann an der Attraktivierung gearbeitet und sogar eine Einbindung als Stadtbahn ins Zentrum von Kaiserslautern war im Gespräch (damals ein Argument für die Einstellung des umweltverträglichen Obusbetrieb!). Heute ist die 34,5 km lange Regionalbahn Teil des integralen Taktfahrplans in Rheinland-Pfalz. Die Züge enden im seinerzeitigen Verknüpfungsbahnhof Lauterecken-Gumbach mit der Glantalbahn Homburg – Bad Münster, letztere dient heute dem Vergnügen als Draisinenbahn. 643 025 bei der Ausfahrt in Lauerecken-Gumbach in Richtung Kaiserslautern – rechts die Glantalbahn, heute Draisinenbahn in Richtung Altenglan. Im Bf. Altenglan auf der Strecke Landstuhl – Kusel der TALENT 643 006; diese Strecke stand als eine der wenigen Regionalbahnen in Rheinland-Pfalz niemals zur Disposition